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Jastrow
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Geschichte: Das Jastrower Stadtwappen enthält bis zum heutigen Tage eine Weintraube. Obwohl urkundlich an keiner Stelle nachzuweisen ist, dass sich ehemals an den Südhängen der Jastrower Berge Weinberge befunden hätten, wird von einem zeit weisen Weinanbau berichtet, und so hat die Traube Eingang in das Stadtwappen gefunden. Die Weinberge sollen aber im zweiten Schwedenkrieg 1660 für immer zerstört worden sein. Urkundlich wird Jastrow zum ersten Mal 1303 unter dem Namen "Jastrobe" erwähnt. Es ist ein königliches Dorf. Später nennt man es "Jastrobe", 1530 heißt es dann "Jastrowo". Der Ort erregte zunächst kein besonderes politisches Interesse von irgendwelchen Machteinflüssen. Erst als im Mittelalter bedingt durch die Lage Jastrows im nordöstlichen Winkel Großpolens und noch dazu als offene Stadt, die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt wurde, kam Unruhe auf. |
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Denn nicht weit entfernt von der Stadt befanden sich die Grenzen von Pommern und Brandenburg. Erschwert wurde die Situation noch durch das Angrenzen von vier Starosteien bei Jastrow. Jeder Starost übte in seinem Einflussbereich die Gerichtsbarkeit aus. Es lag an ihm, Straftäter selber zu verurteilen oder auszuliefern.. So war es nicht verwunderlich, das Übeltäter in die offene Stadt Jastrow flüchteten um hier der Gerechtigkeit zu entgehen. So wurde zwischen den Pommerschen Fürsten und den Polen ein Grenzabkommen geschlossen, um ihre offenbar privaten Liegenschaften besser vor Angriffen schützen zu können. Das Gebiet um Jastrow wurde der Polnischen Krone zugeschlagen. Die angestrebte Beruhigung konnte jedoch nicht erreicht werden, die Plünderungen und Aufstände gingen weiter. Um angeblich seine Einkünfte zu vermehren, erhob der Starost 1602 Jastrow zur Stadt mit Magdeburger Recht. Der Starost hatte das Privileg in polnischer Sprache ausgestellt. Am 5. März 1603 bestätigte es der König Sigismund III in lateinischer Sprache. Das Schriftstück hat bis zum Ende des II. Weltkrieges im Jastrower Rathaus gelegen. In einer Kurzfassung in deutscher Übersetzung hieß es darin: |
Wir geben und verleihen dieser Stadt und allen ihren Einwohnern das Deutsche Recht, welches man auch das Magdeburgische nennt, damit dieselbe es für alle Zeiten besitze; indem wir zugleich von ihr und allen, welche sie bewohnen werden, alle polnischen und ruthenischen Rechte, Manieren und Gewohnheiten fernhalten, welche das Deutsche Reich zu trüben pflegen. Wir erteilen volle Gewalt und Freiheit zu richten, Recht zu sprechen, zu strafen und zu bessern, ganz wie es das Deutsche Recht in allen Punkten Klauseln, Bedingungen und Artikeln erheischt.
Der König selbst hatte keinen erkennbaren Einfluss auf dieses Gebiet genommen, da er die meiste Zeit mit Kriegen gegen Rußland beschäftigt war. Diese neu erlangten Gebiete fielen jedoch der jeweiligen Königin als Tafelgut zu: Anna und Constante von Österreich. (Sigismund war zweimal verheiratet).
Durch eine längere Periode unvorstellbarer Verwüstungen und Besatzungen fremder Armeen begann für die Bevölkerung eine große Leidenszeit.
1626 -1635 | Erster Schwedisch-Polnischer Thronfolge-Krieg |
1655-1660 | Zweiter Thronfolgekrieg |
1700-1721 | Nordischer Krieg |
1756-1763 | Siebenjähriger Krieg |
1806-1813 | Französische Besatzung während Napoleons Krieg mit Rußland; dazu kamen während dieser Zeit verschiedene Großfeuer, die weite Teile der Stadt vernichteten. |
1772 | wurde Jastrow eine Preußische Stadt und war größer als Deutsch Krone oder Schneidemühl. |
1786 | hatte die Stadt durch die inzwischen eingeführte Ordnung und Infrastruktur bereits acht Gewerke, wie: Tuchmacher, Schuhmacher, Huf- und Waffenschmiede, Schneider, Bäcker, Tischler, Fleischer und Riemer (Sattler). |
1851 | Die Stadt erhielt eine Straßenbeleuchtung. |
1900 | Beginn der Elektrifizierung. |
1922 | Nach dem ersten Weltkrieg und Bildung des Polnischen Korridors wurde Jastrow Teil der neu gegründeten Provinz Grenzmark-Posen-Westpreußen. |
1933 | mit der Machtübernahme Hitlers endet die Parteienvielfalt in Jastrow |
1938 | Wurde die Provinz aufgelöst und die Stadt mit dem größten Teil der „Grenzmark“ der Provinz Pommern zugeschlagen. |
1945 | Jastrow ist Teil der Befestigungen "Pommernstellung". Nach erbitterten Kämpfen wurde im Februar Jastrow von der „Roten Armee“ der Sowjet-Union besetzt; fast die gesamte Bevölkerung wurde nach Demmin evakuiert. Häuser und Einrichtungen.wurden von Polen übernommen, rückgeführte Deutsche wurden zur Zwangsarbeit verflichtet. |
Geographische Lage: Die Stadt Jastrow ist aus einem Straßendorf entstanden und liegt am südlichen Rande der Pommerschen Höhenzüge, genannt die Jastrower Berge, in einem Urstromtal, dessen größter Fluß, die Küddow ist. Die Häuser wurden längs des Wutzger Fließes gebaut, in offener Bauweise, ohne jede Stadtbefestigung.
In kurzer Entfernung zur Stadt in Richtung Flatower Straße beginnen große Wälder mit Nadel-Bäumen, Birken, Buchen und Eichen mit eingebetteten herrlichen Waldseen. Die malerisch-schönen Abhänge zur Küddow wurden „Tulauer Berge“ genannt und waren ständiges Ausflugsziel. Zum Stadtgebiet gehörten weitere umfangreiche Ländereien, die in östlicher Richtung im sogenannten „Ziegenbruch“ endeten. Die Stadt entwickelte sich bald zu einem wichtigen Kreuzungspunkt weiterführender Straßenverbindungen.
Schulen: Aufgrund einiger spärlicher Hinweise lässt sich schließen, dass die Stadt bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine Schule gehabt haben muss. Zwei grundlegende Ereignisse kann man als Beginn eines einigermaßen geregelten Schulbetriebs ansehen: Die Bibelübersetzung Luthers in die Deutsche Sprache und nachfolgend deren Einführung als Neuhochdeutsche Kanzleisprache durch den Deutschen Kaiser. Jastrow hatte im Vergleich zu anderen Städten schon sehr früh einen geordneten Schulunterricht.
1837 | wurde der Grundstein zu einem eigenen Schulhaus gelegt. |
1859 | wurde beschlossen, eine Frei-bzw Armenschule einzurichten, ohne Schulgeld. |
1879 | gab es bereits eine Stadtschule und drei Bezirksschulen. Die evangelische Schule, später umbenannt in Städtische Volksschule, machte die größten Fortschritte. |
1921 | besuchten 721 Schüler diese Anstalt. |
1937/38 | hatte die Stadt folgende Schulen: Eine 14-klassige evangelische Volksschule, eine dreiklassige katholische Volksschule, eine achtklassige Berufsschule, eine Mittelschule, eine sechsstufige (fünfstufige) Oberschule in Aufbauform. |
1874 | gab es in Jastrow eine private Präparanden-Anstalt mit staatlicher Unterstützung, in der Schüler für den Besuch eines Lehrerseminars vorbereitet wurden. |
1904 | wurde die Anstalt in eine „Königliche Präparanden-Anstalt zu Jastrow „ umgewandelt. Mit der Neuordnung des Schulwesens in Preußen wurde diese Schule |
1922 | aufgelöst und anschließend in dem Gebäude eine Oberschule in Aufbauform gegründet. |
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Kirchen: Jastrow gehörte zu den fünf großen Stadtpfarreien im Deutsch Kroner Land. Sie ist dem Erzengel St. Michael geweiht. Nach der Stadt Deutsch Krone wurde Jastrow 1587 protestantisch. Als dann im Zuge der Gegenreformation Deutsch Krone wieder weitgehend katholisch wurde, wurde Jastrow zum Zentrum des Protestantismus im östlichen Kreis. Die Stadt bekam zwei Kirchen: 1882 wurde die neue evangelische Kirche eingeweiht, 1913 baute Propst Matzanke die neue katholische Kirche. Die jüdischen Bürger besaßen seit 1867 eine eigene Synagoge. |
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Industrie/Gewerbe: Den wichtigsten Erwerbszweig bildeten die Tuchmacher. Etwa 1777 gab es 150 Innungs-Mitglieder, und deren Erzeugnisse bildeten die größte Einkommensquelle der Stadt. Aber auch das Schuhmacher-Gewerbe hatte zu dieser Zeit etwa 50 selbständige Meister. Im Laufe der Zeit wurde die Produktion mechanisiert und es kam zu folgenden Fabrik-Gründungen: Zwei Tuchfabriken, zwei Schuhfabriken, eine große und mehrere kleine Zigarren-Fabriken, eine Maschinenfabrik und Eisengießerei. Eine Bier-Brauerei.
Verkehr: Jastrow lag an der großen Verkehrsader Berlin-Königsberg. In der Mitte des Ortes gibt es auch heute noch die große Kreuzung in Richtung Tempelburg und Posen. Die Eisenbahnlinie Schneidemühl-Jastrow-Neustettin wurde 1879 in Betrieb genommen. Eine weitere Linie folgte 1908 nach Tempelburg und 1912 nach Flatow.
Sport und Erholung: Mit staatlicher Unterstützung konnte 1909 der Männer-Turnverein eine große Turnhalle bauen. Das Paradestück der Stadt war jedoch das Jastrower „Waldseebad“, erbaut 1928 und 1931 erweitert. Es war eins der schönsten und größten Binnen-Seen Anlagen. Es erfreute sich mit seinen idyllischen Terrassen und Strand zum „Großen See“ großer Beliebtheit. In der Sommer-Saison 1932 zählte man 30.000 Besucher. An lauen Sommerabenden war es Anziehungspunkt für Jung und Alt. |
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Bevölkerung: Man kann davon ausgehen, dass das Dorf Jastrow bei der Verleihung der Stadtrechte etwa 800 bis 1.000 Einwohner hatte. Eine wertvolle Quelle sind die Bürger- und Adressverzeichnisse. Von Jastrow existieren die Jastrower Bürgerlisten 1604 bis 1763 und 1763 bis 1852. Die Abschriften von Wolfgang Metzner, Berlin Sie zeigen die Neubürger der Stadt für den Zeitraum 1604 bis 1852. Aufgeführt sind alle abgabepflichtigen Bürger wie zugezogene Männer und Söhne. Angegeben werden neben dem Einbürgerungsdatum, die Vor- und Nachnamen von 1876 Bürgern Jastrows.
1602: | etwa 800 bis 1.000 Einwohner |
1809: | 2762 Einwohner |
1867: | 4445 Einwohner |
1890: | 5288 Einwohner |
1930: | 5800 Einwohner, davon 4750 evangelisch, 900 katholisch, 150 jüdisch. |
1933: | 6008 Einwohner |
2000: | 11974 Einwohner, davon leben 8845 im Stadtgebiet |
Ein Adressbuch der Stadt Jastrow von 1912/1913 mit einem Teil der Bürger kann online eingesehen werden. Das Städtebuch enthält Namen und Anschriften, sowie Erwerbsart der Haushaltsvorstände der Stadt Jastrow.
Quellen:
Dr. Fr. Schultz: Chronik der Stadt Jastrow, 1896
Hans Werk: Geschichte der Stadt Jastrow, 1938
Geheimes Staatsarchiv , Preußischer Kulturbesitz Berlin
BIL Berliner Institut für Lehrer Fort- und Weiterbildung
Hans Werk: Die Bürgerlisten der Stadt Jastrow von 1763-1852. Mit einem Anhang von Lothar Edwin Pommerening, Schneidemühl 1939 (= Sonderheft der Grenzmärkischen Heimatblätter)
Westpreußisches Städtebuch 1912/13, erster Jahrgang, bearbeitet von Fischeder, Magistrats- und Polizeisekretär, Preuß. Stargard und erschienen im Verlag Otto Probst, Danzig
© 2010 by Joachim Schulz, Emsland